REPORTAGE

Ist das etwa Ronald Schill dort hinen?

REPORTAGE
Aufdeckung des Aufenthaltsortes von Ronald Schill 2006 

Reportage über die Aufdeckung des Aufenthaltsortes von Ronald Schill in 2006, der uns einfach im Restaurant an der Copa Cabana in Rio begegnete. Schill wurde nach seiner Zeit als Hamburger Innensenator vom Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft gesucht. Man wollte ihn zu den damaligen Geschehnissen bzgl. der Zusammenarbeit mit der CDU und seiner Partei befragen. Und nun setzte er sich direkt hinter uns an den Tisch und bestellte einen Teller mit Gambas…

Recherche in Bolivien

Wir wollten gerade unser typisches brasilianisches „Rodizio“ in einem Restaurant auf der Terrasse zu uns nehmen. Es sollte unser Abschiedsessen nach einem längeren Trip durch Südamerika werden, den ich gemeinsam mit meinem ehemaligen Kripo Kollegen Herbert und meiner Tochter Nicola gemacht hatte.

Diese lange schlaksige Person, die sich direkt hinter uns an einen Tisch setzte, kam mir gleich irgendwie bekannt vor. Ich kramte in meinem Gedächtnis und wurde fündig. Bei der Person könnte es sich um den in Deutschland von einem Untersuchungsausschuss des Senats in Hamburg vorgeladenen und gesuchten ehemaligen Hamburger Innensenator Ronald Schill handeln. Es gab schon Gerüchte, dass Schill sich auf Kuba oder in Brasilien aufhalten sollte. Das Hamburger Abendblatt nahm immer mal diese Hinweise auf und schrieb über die Gerüchte kleine Mitteilungen. 

Ronald Schill  hatte  sich als „Amtsrichter Gnadenlos“ in Hamburg einen Namen gemacht und mit ihm als Vorsitzenden und Spitzenkandidaten wurde die neugegründete „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ dritt-stärkste Kraft bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 2001. Er hatte eine Senatsregierung zusammen mit der CDU und FDP und dann dem eingesetzten Bürgermeister Ole von Beust gebildet, um die langjährig regierende SPD vom Thron in Hamburg zu stürzen.

Von 2001 bis 2003 war Schill 2. Bürgermeister und Innensenator der Stadt. Es gab nach kurzer Zeit viele Ungereimtheiten, z.B. der Verdacht des Kokainkonsums und gegenseitige Vorwürfe der politischen „Unfähigkeit“ und nach zwei Jahren brach die Koalition auseinander. Was von Schill und seiner Politik übrig bleib, war die bundeseinheitliche Umstellung der Polizeiuniform in dunkelblau.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ronald_Schill#Politische_Eklats 

Um zu beweisen, dass es sich tatsächlich um Ronald Schill handelte, bat  ich Herbert  mit meiner Kamera, die

Zeitzeugenbefragung in Bolivien

sich versteckt im Rucksack unter unserem Tisch befand, ein "Fake-Bild" von mir und meiner Tochter zu machen. So hatten wir es bei der Polizei gelernt. Herbert stellte die Kamera auf Blitz ein und fokussierte scharf auf den hinter uns sitzenden Ronald Schill. Dieser wunderte sich als er plötzlich angeblitzt wurde, dachte wohl jedoch, dass es von uns ein Portrait sein würde. Wir schauten dann zu, was er bestellte, es waren große Gambas. Nach dem Essen, wollte ich natürlich wissen, wohin sich Schill begeben würde. Der Jagdtinstinkt war bei mir geweckt worden.

Da ein kleiner Pavillon mit domino- spielenden alten Herrschaften  die Sicht versperrte, je nachdem wo Schill hingehen würde, bat ich meine Tochter nach rechts um den Pavillon zu laufen, während ich links gehen würde. Schill zahlte, stand auf und verschwand hinter den Pavillon. Wie meine Tochter mir kurze Zeit später berichtete, ging er scheinbar unschlüssig erst nach links und dann rechts über den breiten Boulevard. Dann kehrte er plötzlich ruckartig um und kam auf sie zu. Sie tat dann so, als ob sie sich die Schnürsenkel zuband. Er beobachtete sie dabei kritisch aus den Augenwinkeln. Ich schlenderte derweil in die andere Richtung, als mich Schill überholte und vor einem Fahrrad stehen blieb. Dieses war an einem Lichtmast angeschlossen.  Er machte es los, schwang sich auf`s Rad und verschwand in der Ferne. Zu Fuß zu folgen hatte keinen Sinn.

Wir kehrten zu Fuß zu unserem Tisch zurück, wo Herbert wartete. Nun wollte ich mehr erfahren und fragte den Kellner, ob er den Mann vom Nachbartisch kennen würde. Diese wurde von ihm bejaht, aber er wollte sich nicht weiter äußern. So sprach ich ihn auf einem Toilettengang nochmals an und er war bereit nach Feierabend - dieses sollte demnächst um 22.00 Uhr sein - sich außerhalb des Sichtfeldes seiner Arbeitsstelle mit mir zu unterhalten.

Wir holten den Kellner gemeinsam um die Ecke herum ab. Ich versuchte meinen Fragen in einem Kauderwelsch aus Englisch und Spanisch los zu werden  und  bekam  heraus, dass Schill

Zeitzeugenbefragung in Bolivien

dort des Öfteren schon gegessen hatte, manchmal zusammen mit einer brünetten Frau und ihrem ca. 6 jährigen Sohn. Sie gingen dann gemeinsam in die Richtung, in der Schill vor unseren Augen mit dem Fahrrad verschwand. Interessant war der sprachliche Aspekt,  den der Keller mitteilte. Die Frau unterhielt sich mit ihrem vermutlichen Sohn in einer Sprache, die der Kellner in Richtung griechisch deutete und das der Heimweg wohl nicht zu weit gewesen sei. Die Apartments in der 1. und 2. Reihe am Strand von Ipanema waren teuer, was auf das Einkommen der Frau schließen ließ. Wir ordneten sie daraufhin eventuell als Angehörige des griechischen Konsulats von Rio ein.

Noch in der Nacht schickten wir eine e-mail an meinen Sohn nach Hamburg und am nächsten morgen konnten wir die aktuellen Infos über Schill, seine Affären, seine mögliche Flucht vor dem Untersuchungsausschuss etc. nach-lesen.

Auf dem Rückflug konzipierte ich eine Reportage, die ich nach telefonischer Ankündigung in der Redaktion des Hamburger Abendblattes vorlegte. Die Redaktion veröffentliche einen Tag später die Erkenntnisse mit Bild und Text. Wir hatten ihn als erste „Ermittler“ ausfindig gemacht.

Das interne Echo in diversen TV-Redaktionen war so groß, dass z.B. RTL ein Kamerateam sofort nach Rio schickte, um dort die nun heiße Spur wieder aufzunehmen. Und tatsächlich erwischten sie Schill in der von uns beschriebenen Umgebung und hielten ihm eine Mikofon mit Fragen unter die Nase.

Bei mir meldete sich der Obmann des Untersuchungsausschusses per Telefon und fragte nach, ob die im Hamburger Abendblatt dargestellten Informationen richtig seien. Dieses konnte ich nur bejahen, denn man überlegte nun, ob man über andere Kanäle (Konsulat, Polizei, Interpol) die Adresse des Schill herausfinden könnte, um ihn dann nach Hamburg vorzuladen. Kurze Zeit später wurde Schill vom Landeskriminalamt zur „Aufenthaltsermittlung“ ausgeschrieben.

KONTAKT

Bei Interesse oder Fragen nehmen Sie gerne [KONTAKT] auf.
Ich freue mich auf Sie.

Bernhard Luther

© 2022 - Bernhard Luther - Alle Rechte vorbehalten
zuletzt aktualisiert: 14.01.2024
Erstellt mit Mywebsite von Ionos.de - www.KHansengluschitz.de

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.